Tag9 – Wüstenstaub und Bergnebel

Tag9 – Wüstenstaub und Bergnebel

27. September 2018 Aus Von mamaladnamala

Gefahrene km: 369

Zeit hinterm Steuer: 9 1/2 h

Verbrauchter Sprit: reden wir nicht mehr drüber

Durchfahrene Länder: SP

 

Auch heute scheinen wir deutlich unter den durchschnittlichen notwendigen 420km pro Tag für die 5000km zu bleiben und starten somit wieder gelassen in den Tag. Sandra hat vor dem Campingplatz übernachtet und begrüßt uns beim Frühstücken.

Heute wollen wir uns mit den anderen Teams in der Wüste für ein Gruppenbild und eine Tagesaufgabe treffen. Wir sind nicht sicher, was nach dem Tag gestern noch “wüstigeres” kommen soll und lassen uns überraschen. Die “Bárdenas Reales” steht auf dem Programm und kurz nach dem Start vom Campingplatz sind wir schon da. Der Asphalt hört nach der Einfahrt in den Nationalpark auf und wir folgen wieder einer Schotterpiste zu einem großen Parkplatz in einer Region, die noch ein wenig das toppt, was wir gestern auf dem Planeten der Affen gesehen haben.

Dort stehen wir nun mit etwa 20 anderen Teams, machen Fotos und starten kurz darauf weiter nach Norden. Bisher hat uns der Schotterweg noch nicht sehr beeindruckt, schließlich haben wir am 3. Tag schon den Colle Delle Finestre bezwungen. Wir wissen nicht, welchen Weg die anderen Teams einschlagen, denn wir sind die ersten die vom Parkplatz starten und der nachfolgende Verkehr verschwindet in unserer weißen Staubwolke. Wir stellen fest: Vorne geht’s eigentlich mit der schlechten Sicht und teilen das fröhlich über Funk an das uns folgende Team HB-Männchen mit, um im nächsten Augenblick von einem tief fliegenden, weißen Synchro-Psychopaten auf Schotter stehen gelassen zu werden. Wir fühlen uns an die Blamage des Colle Delle Finestre erinnert und merken, dass wir straßenbereift und leicht überladen mit stumpfen Waffen kämpfen. Uns bleibt nichts anderes übrig als Staub zu schlucken. Hinter uns ist nun eine wild gewordene Sandra in einem blauen VW Bus. Es dauert keine 5 Minuten, da fliegt auch dieser große Brocken Blech an uns vorbei und wir können ein leises “eat my dust!” aus dem Auspuff hören. Vor uns liegen zwischen Schotterstrecke vereinzelt mit Sandstaub gefüllte Senken, die mit Schwung durchfahren werden sollten, wollen wir uns nicht jämmerlich in der jetzt sehr realen Wüste eingraben. Staub, so fein, wie wir ihn noch nie gesehen haben. Unser Mund wird trocken, wir müssen husten.

Hinter uns befindet sich jetzt der alte 7er BMW vom Team Old Capitols, die wie wir scheinbar ihre liebe Mühe haben, auf den unbefestigten Wegen voran zu kommen. Dahinter taucht aus der Staubwolke bedrohlich ein schwarzes Führerhaus eines riesig großen Unimogs auf. Team Dynamo Tresen ist uns dicht auf den Fersen. Wir sind froh, einen BMW-E32-Puffer zwischen uns zu haben und bilden uns ein, den Unimog-Piloten friedlich an einer Zigarre ziehend hinter dem Lenkrad sitzen zu sehen…

Nach etwa 30 km ist auch dieser Wüsten-Spuk geschafft und unser 500er schaut aus wie Sau. Auf der hinteren Stoßstange liegt zentimeterdick feinster, gelber Staub. Auf dem Lack lässt sich jetzt jeder Fingerabdruck ausmachen. Der Fahrer verdrückt eine Träne, es geht weiter.

Als Ziel peilen wir jetzt die Gegend um San Sebastian am Atlantik an. Heißt also raus aus der Wüste, rein ins Baskenland. Hier sind die Schilder zweisprachig und der Copilot verzweifelt, da sich die Namen erstens im Vorbeiflug nicht in gänzlicher Länge lesen lassen und zweitens sind sie so nicht in unserer Karte abgedruckt. Wir verfolgen weiter unsere in Frankreich bis zur Perfektion optimierte “360°-Plus”-Strategie in jedem Kreisverkehr um alle Schilder in Ruhe lesen zu können. Aus dem WalkieTalkie kommentiert Micha unsere Karussellfahrt in perfekter Jahrmarkt-Ansager-Manier.

Das Baskenland ist ein harter Wechsel von der bisherigen Wüstengegend. Es wird grün. Die Häuser sind plötzlich gemauert oder sogar aus Fachwerk. Auf den Weiden stehen Kühe. Wären nicht die spanischen Kennzeichen an den Autos und die unaussprechlichen Ortsschilder – wir würden glauben, wir sind wieder im bayrischen Voralpenland. Wir fahren weiter auf San Sebastian zu. Auf der Autostraße halten wir weit oben mit unseren staubigen Autos mitten im kalten Nebel der wieder ansteigenden Pyrenäen. Es ist kalt und es nieselt. Wir fegen den restlichen Staub von der Stoßstange und bevor dieser den Boden erreicht, hat er sich gänzlich in Luft aufgelöst.

Nach einem kurzen Versuch, ein günstiges Hotel zu finden, an dem wir kläglich scheitern, ergreift Nils die Führung und lotst uns an einen Campingplatz ziemlich direkt am Meer, hoch oben in den Bergen vor San Sebastian.

Es ist spät, wir wollen einchecken. Doch der Campingplatz-Betreiber hat scheinbar ein paar gute Flaschen spanischen Wein über den Durst getrunken und gibt uns nur recht unverständlich eine Stellplatznummer. Die Rezeption duftet nach Alkohol, der kleine Spanier vor uns hinter dem Tresen ist sichtlich gut gelaunt und ihm ist einigermaßen alles egal. Wir fahren auf den Platz um festzustellen: Unser Stellplatz ist voll, es steht ein Französisches Wohnmobil drauf. Seis drum denken wir uns, es ist schon recht spät und so nehmen wir einfach den Platz nebenan. Es gibt genug freie Plätze hier.

Der Weiße Bulli hat schon eingeparkt, wir stehen mit dem 500er noch auf dem Weg als plötzlich aus dem Nichts ein spanischer Tourist auftaucht und uns zu verstehen gibt, dass wir auf seinem Stellplatz stehen. Nach langer Diskussion mit dem Spanier und dem freundlichen französischen Ehepaar aus dem Camper bleibt alles wie es ist, der Spanier nimmt widerwillig einen anderen der gefühlt 20 freien Plätze neben uns und bei der zweiten Dose Bier stellen wir  fest: Auch Spanier können sehr deutsch sein.

Als alles wieder ruhig und die Situation geklärt ist, taucht noch einmal der kleine betrunkene Chef auf und ist weiterhin happy, dass alles so gut klappt. Welcome to Spain!